Beim Eintreffen gestern in Kingisepp wurde ich nach der Frühstückszeit gefragt, die ich dann mal mit 8 Uhr angab. Heute Morgen pünktlich um 8 Uhr versuchte ich unsere Zimmertüre aufzuschließen - ohne Erfolg. Ich stocherte mit dem Schlüssel und versuchte ihn zu drehen - nichts ging... plötzlich - Oh Schreck - ging sie doch noch auf und - ich war einem Kollaps nahe - vor der Türe stand die Empfangslady mit unserem Frühstück in der Hand. Die beiden Tabletts wechselten - ehe ich mich dagegen wehren konnte - den Besitzer. Also suchte ich im Zimmer einen passenden Tisch, konnte nur so einen kleinen runden ausmachen, allerdings waren die beiden Tabletts grösser als der Tisch. Ich befürchtete schon, dass wenn ich jetzt mit dem Messer mein Omlett (russisch) bearbeite, dann kommt mir der Kaffee automatisch entgegen... Aber alles ging gut...
Herrliches Wetter - ein Tag für Götter. Nun ging es Richtung Grenze. Ich habe noch nie so lange gerade Straßen gesehen. Wenn ich mich richtig entsinnen kann, dann war 8,5 km vor der Grenze eine leichte Kurve und dann ging es kerzengerade auf die Grenze zu. Ca. 2 km vor der Grenze standen dann die LKWs rechts auf der Standspur - die konnten nicht alle ne Panne haben...
An der Grenze angekommen nahm uns ein freundlicher LKW-Fahrer mit und zeigte uns den Übergang für Fußkranke und Fahrradschieber. Die Grenze selbst erinnerte mich an DDR-Zeiten, Friedrichstrasse. Jeder Grenzgänger musste einzeln zur Kontrolle vor diesen Schalter, an dem der Reisepass so durch einen Schlitz geschoben wird. In diesem Moment wird einem dann immer bewusst, wie klein man doch ist... Wir haben vorher natürlich unseren Radhelm abgenommen, ebenso die Radbrillen und uns entsprechend des Bildes im Pass gestylt. Da war es kein Wunder, dass wir die Ausweise auch wieder zurück bekamen und wir von links (auf dem Bild) über die Brücke nach rechts laufen durften - da befand sich der estnische Zoll. Der Prozess war der gleiche...
Bald konnte wir estnische Luft schnuppern - und ich muss ganz ehrlich sagen - ich war gar nicht mal so böse drüber.
An der Narva entlng ging es dann an die Ostsee - Narva-Jösuu, da gab's auch wieder was zu beißen. Und ich habe eine neue Erkenntnis: Das russische Bier schmeckt echt süffig - im Gegensatz zum ersten estnischen Bier - aber es kann sich ja noch ändern.
Das erinnert mich jetzt an das gestrige Hotel, das Wasser, das da aus dem Wasserhahn kam, hatte eine ähnliche Farbe wie das estnische Bier. Wir verwendeten es (das Wasser, nicht das Bier) notgedrungen nur zum Duschen. In fremden Ländern heißt es bei mir immer: "Koch es, brat es - oder wirf es weg".
Nach Toila gab es auf einer Strecke von ca. 3 km mal ne richtige Mountainbikestrecke. Die Schlaglöcher waren unübersehbar - jedoch nicht befahrbar, sie standen voll Wasser und man wusste nicht, ob es 10 cm oder einen Meter nach unten geht. Irgendwann ging dann ein keiner Wiesenpfad zu Steilküste. Junge - ist die steil. Wollte man das so richtig hautnah erfassen, dann war "robben" bis zum Abgrund angesagt. Und als ich dann den Kopf über dem Abgrund geparkt hatte und die Augen nach unten blickten, dann sagte meine innere Stimme: "Zurückrobben, sofort". Und genau das habe ich dann auch gemacht.
Kurze Zeit später waren wir auch schon in Toila, das Hotel war schnell gefunden - und wir standen auch schon vor dem Hotel, als wir beschlossen erst noch zum Supermarkt zu fahren. Schon auf dem Weg erkannten wir die schwarze Wolkenwand, die sich über uns aufgebaut hatte. Und schon beim Verlassen des Marktes fielen die ersten Tropfen. Mögen es 500 m bis zum Hotel gewesen sein - es reichte aus, um nass zu werden, da ein satter Wolkenbruch auf uns runterprasselte. Wir retteten uns unter die Hoteltreppe und krochen erst wieder hervor, als das mit Normaldurchnässung möglich war. Im Hotel gab's dann noch Abendessen vom Buffet (12 Euros). Mann oh Mann, war das lecker.