Wenn ich so im Nachhinein an unsere Reise mit dem Rad von Sankt Petersburg nach - und durch Estland, Lettland und Litauen denke, so fangen sicherlich meine Augen an zu glänzen und ein Lächeln überzieht mein Gesicht...
Es war sicher die schönste Reise, die wir bislang unternommen haben. Es ist einfach etwas anderes als Hawaii, Mexiko, Thailand, Hongkong oder wo immer wir auch waren - bei diesen Reisen war immer alles fremd-organisiert. Uns wurde immer gesagt, wann wir wo warum und überhaupt sein sollten. Bei einer Radreise trifft das so nicht zu.
Schon im Vorfeld schadet es sich nicht, sich über den Reiseablauf einige Gedanken zu machen. Und wenn ich sage Gedanken, dann meine ich:
- Wie kommen wir zum eigentlichen Startpunkt (Bahn, Flieger, Schiff, Rad, Auto...)?
- Benötigen wir ein Visum, Impfungen, ist der Reisepass/Personalausweis noch gültig?
- Sind die Räder fit? Welche Ersatzteile nehmen wir mit?
- Welche Route fahren wir? Stehen alle Karten und GPS-Daten zur Verfügung?
- Welche Klamotten stopfen wir in unsere Gepäcktaschen?
- Welche Sehenswürdigkeiten / Landschaften möchten wir uns unbedingt anschauen?
- Wie lauten die wichtigsten Wortfetzen in den entsprechenden Landessprache?
- Habe ich alle notwendigen Wörterbücher down geloaded?
- Wie komme ich vom vermeintlichen Endpunkt zur Heimatadresse?
- Habe ich alle notwendigen Tickets?
- Welche Pillen und Sälbchen benötige ich für die Urlaubszeit?
- Sind meine Kinder/Eltern und Nachbarn über den Reiseverlauf informiert?
- Wo packe ich Ausweis, Kohle, Scheckkarten hin, damit sie nicht unaufgefordert den Besitzer wechseln?
Und ich muss sagen - Planung ist die halbe Miete...
Ein Plan zu haben bedeutet ja: Ziele haben, die erreicht werden sollen - und das hat auf unserer Reise ausnahmslos super funktioniert. Das weitaus Wichtigste (zumindest auf russischen Strassen) - manche mögen lächeln - ist ein tadellos eingestellter und sauberer Rückspiegel, um den Verkehr, der sich von hinten nähert, im linken Auge zu behalten. Zeitgleich muss natürlich auch der Verkehr, der von vorne auf einen zukommt, mit dem rechten registriert werden. Erkennt man beispielsweise im Rückspiegel einen LKW und (im rechten) Auge irgendwelchen Gegenverkehr, dann tut man gut daran, sein Rad auf den Seitenstreifen (egal wie sein Zustand ist) zu steuern. Ich würde nicht mal meine Schwiegermutter drauf verwetten, ob ein russischer LKW-Fahrer wegen einem - oder zwei - Radlern auf die Bremse steht... Ist von vorne kein Verkehr zu erwarten, dann sieht man im Rückspiegel die LKWs ausscheren und in gebührendem Abstand an einem vorbei brausen - das ist ok.
Genau so wichtig wie der Rückspiegel ist eine Warnweste, die - über den Rucksack gezogen - im Wind weithin sichtbar - flattert. Diese Sicherheitsvorkehrungen sind wirklich nur notwendig auf russischen Schnellstraßen mit viel Verkehr. Nach 3 Tagen auf Russlands Strassen, sah ich ganze 2 Fahrräder. Kein Wunder also, dass man dort so eine Art Fremdkörper ist...
Wirklich schöne Erinnerungen (und das ist das Zweitwichtigste) habe ich auch an all die Menschen, die wir - wo auch immer - angetroffen haben. Durch die Bank - alle waren ganz super freundlich und hilfsbereit - trotz der nicht wegzudiskutierenden Sprachbarriere. Ja, das war nicht so wie in Deutschland, wo das ICH, der eigene Vorteil und "keine Zeit" meist an erster Stelle stehen (zum Kotzen). Nein, in jedem Land durch das wir kamen, haben sich die Leute, die wir angesprochen haben, ein Bein ausgerissen, um uns zu helfen. Sei es bei der Suche nach einer Unterkunft, nach einem Insektenschutzmittel oder bei der Suche nach jemanden, der einige Brocken Englisch versteht. Da fühlt man sich so richtig als Mensch unter (nur netten) Menschen - und das tut der Seele gut.
Wer auch immer eine Reise in dieser Art durchführen will - wir sind gerne bereit über unsere Erfahrungen zu plaudern.