Nicht eingeschlafen bin ich wegen der Blitze, die sich im Fenster grell gelbblaugrün spiegelten. Ich hätte die Rollläden runter machen sollen... Aber ich wäre ja sowieso aufgewacht - wegen des Regens, der auf den Balkon prasselte. So ein schei... Wetter dachte ich, dann klappten meine Augendeckel nach unten.
Am nächsten Morgen wollte ich schon gar nicht ans Fenster. Ich zog den Vorhang nach hinten... keine einzige Wolke am Himmel - naja ein kleiner Schleier Richtung Timmelsjoch. Das kann ich ja verkraften. Also - rein mit dem Frühstück, dann erst mal noch was Trinkbares im Supermarkt besorgt und dann rauf aufs Rad. Nach einigen Fehlversuchen Richtung Bozen - ist ja gar nicht so einfach, wenn man den Radwegschildern mal keine Beachtung schenkt. Da besucht man ein Industriegebiet, in das man nie wollte, man landet auf viel befahrenen Strassen, auf denen man nicht radeln will (oder darf?) und man hat Angst um sein geliebtes Bike, das manch Autofahrer am liebsten in das nächste Schaufenster drücken möchte - zumindest kommt es mir so vor.
Endlich wieder ein Radweg - zusätzlich ein Schild, auf dem zu Lesen steht: "Bozen, die fahrradfreundliche Stadt". Und in der Tat - überall scheinen plötzlich Radwege zu sein. Also geht es erst mal zur Kohlerer-Bergbahn, die die erste Personenseilbahn überhaupt ist. Nur hat die Belegschaft gerade Mittagspause. Da ich nicht warten will, lenke ich meinen Drahtesel an die gegenüberliegende Talseite, zur Rittner-Bahn. Diese führt von Bozen nach Oberbozen - zwischen beiden liegt immerhin ein Höhenunterschied von ca. 950 Metern, die auf einer Länge von 4, 5 km bewältigt werden. Oben angekommen, herrschen andere Temperaturen - in den Dolomiten sind die Bergspitzen über Nacht mit zartem Schnee eingepudert worden - das spürt man nun deutlich. Also erst mal in die Beinlinge gehüpft und die winddichte Jacke übergestreift.
Über Klobenstein geht es dann zurück nach Bozen. 14 km ohne Druck auf die Pedale ausüben zu müssen - das macht echt Laune - aber auch kalt. Die Finger an den Bremshebeln - vor den Spitzkehren (ich glaube es sind 12) die Geschwindigkeit wieder auf nahe null reduzieren, das ich auch nicht unwichtig. Nicht auszudenken, wie man aussieht, wenn man mal eine Kehre mit zuviel Tempo geradeaus verläßt...
Unten angekommen ist es wieder mollig warm, ich halte an, um die Beinlinge abzustreifen. In ruhigem Tempo geht es auf dem Radweg der Eisack entlang wieder Richtung Leifers. Nur einmal komme ich - warum auch immer - vom Weg ab und irre etwas hilflos umher. Ein netter
Italiener sammelt mich jedoch wieder ein und schickt mich wieder auf den richtigen Weg - Danke. In Leifers
angekommen, verlangt mein Körper nach Flüssigigkeit. Ein Italiener - Pizzeria Alpenrose - liegt auf dem Weg - und an einer Steigung... so macht es keine grösseren Probleme, das Bike zu stoppen und im Biergarten Platz zu nehmen. Das Bier ist gut und groß - nur mit einer Kleinigkeit für den Magen gibt es ein Problem... Die Verständigung ist nicht optimal, das liegt zum einen an den Deutschkenntnissen des Wirts und zum anderen an den Italienischkenntnissen meinerseits. Aber man unterschätze die Italiener nicht: Plötzlich kam er mit einem Teller Salami und Prosciutto... das Ganze natürlich kostenlos - ich war begeistert.